
Erfahrungen aus der Praxis des Humanitarian-Development-Peace Nexus – eine Literatursichtung
Die rapide Zunahme, steigende Komplexität und länger anhaltende Dauer von humanitären Krisen, gewaltsamen Konflikten, Vertreibungen, extremen Naturereignissen und Epidemien machen eine integrierte, effiziente und nachhaltige Arbeitsweise in der humanitären Hilfe und der Entwicklungs-zusammenarbeit notwendig, um bessere Wirkungen in Krisenkontexten zu erzielen . Eine der
größten Herausforderungen besteht dabei darin, zeitgleich wiederkehrende humanitäre Not zu lindern und längerfristige Entwicklungsziele zu erreichen (CHA 2020) .
Die Verbindung von humanitärer Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung, bekannt als Humanitarian-Development-Peace Nexus (HDP-Nexus, Triple-Nexus), verknüpft die drei Säulen eng miteinander . Armut, gewaltsame Konflikte und die zugrunde liegenden multisektoralen Ursachen
von Krisen sollen so nachhaltiger angegangen werden (DuBois/CHA 2020) .
Im Zentrum der Stärkung der Kohärenz zwischen den drei Säulen steht das Ziel, die Bedarfe und Risiken der von Krisen betroffenen Menschen wirksam zu verringern, Präventionsbemühungen zu fördern und die Resilienz besonders vulnerabler Bevölkerungsgruppen und lokaler Strukturen zu stärken .Die Idee zur besseren Verzahnung von humanitärer Hilfe und langfristigen Entwicklungsansätzen ist nicht neu und basiert u . a . auf Ansatz „Linking Relief, Rehabilitation and Development (LRRD)“, beruhend auf einem gleichnamigen 1996 von der EU-Kommission vorgelegten Bericht . Im Gegensatz zu früheren Bemühungen geht der Nexus-Dialog jedoch über einen programmatischen oder konzeptionellen Ansatz
hinaus . Der HDP-Nexus bezieht sich auf laufende strukturelle Veränderungen zur Erfahrungen aus der
kohärenten Planung und Finanzierung von humanitärer Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung (Oxfam 2019) .
Die Eingliederung der Friedenssäule sowohl auf Policy-Ebene als auch in der Umsetzung des HDP-Nexus ist eine neuere Entwicklung . Sie verdeutlicht, dass das Engagement in Ländern mit wiederkehrenden und langanhaltenden Krisen eines abgestimmten Ansatzes der Akteure bedürfen . Zentral für die Arbeit am HDP-Nexus sind die Empfehlungen zum HDP-Nexus, die das Development Assistance Committee (DAC) der OECD 2019 veröffentliche . Als Reaktion auf internationale Forderungen nach stärkerer Kohärenz
sowohl auf Policy- als auch auf operativer Ebene wurden 11 Prinzipien entwickelt, die Akteuren der humanitären Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung einen Rahmen für Koordinierung, Programmierung und Finanzierung im HDP-Nexus bieten . Die Prinzipien sprechen sich entlang dieser drei Säulen für die Nutzung von Synergien und Komplementarität aus, insbesondere in fragilen und von Krisen betroffenen Kontexten . Die Empfehlungen fordern dazu auf, die Art und Weise, in der Programme der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit finanziert und umgesetzt werden, entsprechend diesem Ziel anzupassen (OECD 2019) .
Gleichzeitig soll damit auch das bei der Verabschiedung der Nachhaltigen Entwicklungsziele gegebene Versprechen „Leaving no-one behind“ erfüllt werden . Mit dem Ziel, langanhaltende Krisen zu transformieren, haben die Vereinten Nationen und die Weltbank 2016 beim World Humanitarian Summit die „New Way of Working“- Agenda (NWOW) ent wickelt . Mit diesem Ansatz verpflichten sich Akteure der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit auf Grundlage ihrer jeweiligen komparativen Vorteile gemeinsame und messbare Ziele abzustimmen (collective outcomes), um über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren humanitäre Bedarfe, Risiken und Schwachstellen (vulnerability) zu verringern (OCHA 2017) . In einer systematischen Literaturrecherche werden Ansätze, die in der Praxis zur erfolgreichen Umsetzung des HDP-Nexus beigetragen bzw . hinderlich sind, gesichtet und ausgewertet . Dazu wurde die für die strukturbildende Übergangshilfe relevante Literatur gesichtet, mit dem Schwerpunkt auf Publikationen, die seit 2018 erschienen sind .
Erfahrungen aus der Umsetzung des HDP-Nexus-Ansatzes durch Deutschland, die EU, nicht europäische Staaten und internationale Organisationen wurden analysiert . Dabei werden sowohl die HDP-Nexus-Pilotländer und -Projekte der Weltbank, der Vereinten Nationen und der EU, als auch konkrete Länder- und Evaluierungsberichte betrachtet .